Trotz der Erhöhung der Zinsen ist die eigene Wohnimmobilie immer noch einer der verlässlichsten Stabilitätsanker unter den Sachwerten
Von Marco Mendler
Immer häufiger werden Befürchtungen vor einem rasanten Anstieg Hypothekenzinsen geäußert, der die Baufinanzierung erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht. Zwar hat die Plötzlichkeit des jüngsten Anstiegs nicht wenige überrascht, doch ist es inzwischen offenkundig, dass die Europäische Zentralbank einen Zinsschock also einen plötzlichen und erheblichen Anstieg der Leitzinsen verhindern wird. Dies hat auch die jüngste Zinsentscheidung der EZB unterstrichen.
Trotz einer Inflation von rund 7 Prozent, soll der Leitzins im Juli äußerst moderat um gerade 0,25 Prozent angehoben werden. Dies hat einen triftigen Grund. Würde die EZB die Leitzinsen schnell und massiv erhöhen, würden die hochverschuldeten Länder der Eurozone in der Folge erhebliche Probleme bekommen, für ihren Schuldendienst aufzukommen. Eine neue, schwerwiegende Eurokrise wäre zwangsläufig die Folge. Denn tatsächlich ist in der jüngeren Vergangenheit die weiter ansteigende Verschuldung einiger Staaten in der Eurozone kaum thematisiert worden – zu Unrecht.
Laut Statista hat Griechenland im Jahr 2021 inzwischen einen Schuldenberg von über 360 Milliarden Euro angehäuft, was einem Schuldenstand von 198,9 Prozent des BIP entspricht – also Lichtjahre von der einst vereinbarten Obergrenze der Verschuldung von maximal 60 Prozent des BIP entfernt.
Noch bedenklicher ist die Lage in Italien. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat sich die Staatsverschuldung um über 35 Prozent erhöht und beträgt im Jahr 2021 geschätzt rund 2,68 Billionen Euro. Zwar liegt der Stand der Verschuldung „nur“ bei 150 Prozent des BIP, doch ist Italien die drittgrößte Volkswirtschaft innerhalb der Eurozone und damit ungleich schwerer zur retten als das wesentlich kleinere Griechenland. Auch Frankreich, als zweitgrößte Volkswirtschaft in der EU, hat im Jahr 2021 einen bedenklichen Schuldenstand von 2,79 Billionen Euro erreicht, was einer Verschuldungsquote von 112 Prozent des BIP entspricht. Griechenland weist zwar eine höhere Schuldenquote auf aber in absoluten Zahlen ist nur noch Frankreich höher verschuldet als Italien.
Der Schuldenstand von Deutschland ist im Jahr 2021 mit einem Stand von 69,3 Prozent des BIP auf 2,32 Billionen Euro angewachsen.
Würde also in einer solchen Situation die Europäische Zentralbank daran gehen, eine Inflationsrate von etwa 7 Prozent mit einem Leitzins oberhalb von sieben Prozent zu bekämpfen, hätte dies den unmittelbaren Ausbruch einer schweren, womöglich existenzbedrohenden Eurokrise zur Folge.
Keine Zentralbank kann es sich aber erlauben, den Bestand jener Währung zu gefährden, für die sie verantwortlich ist. Es liegt deshalb auf der Hand, dass die EZB alles daransetzen wird, ein sogenanntes Soft-Landing zu erreichen, also ein allmähliches Abflachen der Inflation, ohne dabei die Zinsschraube zu überdrehen. Das kann durchaus gelingen, wenn sich die Situation bei den Lieferketten entspannt und sich somit die Lage auf der Angebotsseite deutlich verbessert und den inflationären Druck mindert.
Zu guter Letzt sei darauf hingewiesen, dass im historischen Vergleich die Hypothekenzinsen trotz des jüngsten Anstiegs immer noch moderat sind. Laut Statista beliefen sich die Hypothekenzinsen vor 20 Jahren bei 5,4 Prozent – 1994 waren es sogar bei 8,8 Prozent – heute sind es rund 2,5 Prozent. Selbst wenn der Hypothekenzinssatz von 5% wieder erreicht werden sollte, wovon wir noch ein großes Stück entfernt sind, so lägen wir dann immer noch signifikant unter der Inflationsrate von 7 Prozent.
Davon ganz abgesehen: Gerade in Zeiten einer anziehenden Inflation und allgemeiner politischer Unsicherheiten bleibt die eigene Wohnimmobilie immer noch einer der verlässlichsten Stabilitätsanker unter den Sachwerten.